Groundhopping

Slowakei Groundhopping: Pyro-Fest & Dampfeisenbahn

Endlich wieder Fußball in der Slowakei! Groundhopping in einem der jüngsten Länder Europas ist schließlich ein Geheimtipp.

Zusammen mit dem Nachbarn aus Tschechien verkauft der Slowake bei den Matches mit der Klobasa die wohl meistdiskutierte Stadionwurst weltweit. Die Anhänger des FK Pohronie (Erstligist) lassen im Stadion die Wodka-Flasche kreisen und beim TJ Tatran Čierny Balog fährt die Dampflok durch das Stadion.

Dafür stehen die sportlichen Darbietung selbst im Vergleich zu Nachbarländern wie Tschechien oder Österreich im Schatten. Maximal der ŠK Slovan Bratislava sorgt hin und wieder für ein echtes internationales Abenteuer.

Wer in die Slowakei zum Groundhopping fährt, verlangt keinen Hochglanzfußball, doch bei passenden Spielen kann es abseits des Rasens durchaus heiß hergehen. Es folgt ein kleiner Groundhopping-Bericht von den Pyro-Festspielen bei ŠK Slovan Bratislava vs. FC Spartak Trnava im September 2019, gefolgt von einigen Basic-Infos zum Fußball in der Slowakei aus Fansicht.

Highlight in der Slowakei beim Groundhopping - Das Derby Slovan - Trnava
Schon das Spielankündigungsplakat deutete die Pyro-Festspiele an

Slovan Bratislava vs. Spartak Trnava – Rivalität der Neuzeit

Die Spannung im Tableau ist in der Slowakei eher gewahrt als in der Heimat. Während Schulanfänger in Deutschland keinen anderen Meister als den FC Bayern kennen, gab es in der Super Liga zuletzt vier verschiedene Titelträger in ebenso vielen Jahren. Nur 2019 setzte sich Hauptstadtclub ŠK Slovan Bratislava durch, die damit Erzrivale Spartak Trnava ablösten.

Es ist eine Rivalität, die sich erst in den letzten Jahren beziehungsweise Jahrzehnten gefestigt hat. Einst war Lokalrivale Inter der Kontrahent, dem die Anhänger des slowakischen Rekordmeisters die größte Verachtung entgegenbrachten.

Doch verhält es sich ähnlich wie im Ruhrgebiet, wo Schalke vs. RW Essen aufgrund der seit Ewigkeiten getrennten Ligen vom heute als Revierderby bekannten Duell zwischen Herne-Ost und Lüdenscheid-Nord (in der Öffentlichkeit) abgelöst wurde. Trnava ist der große Rivale der Neuzeit, sodass die Ultras Slovan Pressburg genauso wie die Freunde aus Brünn dem Match gegen Spartak einen besonderen Wert beimessen.

Stadionproblematik: Štadión Pasienky vs. Tehelné pole

Die Anhänger von Slovan Bratislava litten über viele Jahre hinweg unter der Wahl der Spielstätte. Bereits 2009 verließ der Verein das heimische Štadión Tehelné pole und zog ins Pasienky um, wo der verhasste Rivale Inter sich zuhause fühlte. Auch wenn das Pasienky in der Slowakei die Groundhopping-Herzen schlagen lässt, ist die Situation für Slovan keineswegs berauschend.

Beim Groundhopping in der Slowakei lassen sich diverse nette Stadien finden
Štadión Pasienky: Ungeliebte Ex-Heimat Slovans

In Kombination mit der Führung durch einen privaten Investor litt die Fanszene des Vereins so dramatisch, dass zum Teil nur noch rund 1.000 Anhänger die Spiele im Pasienky verfolgten. Mit dem kürzlichen Umzug ins neu errichtete Národný futbalový štadión haben sich nicht alle Probleme schlagartig erledigt, die den Fans zu schaffen machten, doch immerhin war die 22.500 Zuschauer fassende Spielstätte im Derby gegen Trnava bestens gefüllt.

Wie viele Zuschauer genau dem Derby beiwohnten, lässt sich aufgrund einer Panne nicht abschließend klären.

Chaotischer Einlass: Ticket umsonst besorgt

In den Tagen vor dem Match hatte ich mehrfach überlegt, online ein Ticket zu schießen, dann aber doch den Vorverkaufszahlen vertraut. Vor Ort stand schließlich ein echtes Ticket im Raum, während es anderenfalls nur den einem Souvenir unwürdigen Print-at-home-Schnipsel gegeben hätte. Entsprechend ging der Puls hoch, als an einer Polizeikette bereits Tickets kontrolliert wurden. Auf meine Aussage, dass ich noch kein Ticket habe, erhielt ich die Info, dass dem auch so bleiben werde.

Tehlne Pole: Ausgefallene Ticketscanner
Wenn die Ticket-Scanner 2 Stunden vor dem Spieltag den Dienst verweigern

Schlussendlich war die Aufregung unnötig, denn die Staatsmacht war schlechter informiert als der deutsche Abenteurer. Entsprechend war zwar die Eintrittsberichtigung schnell in den Händen, die aber bei verschlossenen Stadiontoren nicht half.

Technikversagen: Ticket-Scann nicht möglich

Auch 35 Minuten vor dem Anpfiff war kaum ein Fan im Inneren, da die Ticket-Scanner den Geist aufgaben. Außen wurde der Druck immer größer, sodass kleine Öffnungen zur manuellen Kontrolle eingerichtet wurden. An gefühlt allen Ecken wurden die Ordner überrannt, sodass tausende Zuschauer unkontrolliert ins Stadion gelangten.

Woher der Verein die offiziell verkündeten 14.933 Zuschauer hatte, bleibt Geheimnis des ŠK Slovan Bratislava. Verkauft wurden mehr Karten und es ist nicht unwahrscheinlich, dass auch zahlreiche Fans ohne Eintrittsberechtigung ins Innere gelangten.

Choreographien: Punktgewinn Spartak?

Die Gäste aus Trnava erschienen mit circa 3.000 Fans in der Hauptstadt, die zu 99 Prozent komplett in Schwarz gekleidet waren – ein brachiales, eindeutiges Bild. Ähnlich auch die Blockfahne, welche den Ultras Slovan Pressburg „gekaufte“ Choreographien aus dem Drucker vorwarf.

Slovan wiederum deutete mit den Worten „Game Over“ und einem in alle Einzelteile zerrupften Trnava-Superhelden an, wer im neuen Tehelné pole das Kommando vorgibt. Zum Ausklang erblickten rund 70 Bengalos das Licht der Welt. Überzeugend, aber zu diesem Zeitpunkt glaubte ich, dass man mit der Pyroshow lieber bis zur Dunkelheit in Halbzeit 2 gewartet hätte.

Slovan Bratislava Bengalos
Bengalo-Auftakt bei Tageslicht

Andraž Šporar eröffnet die Pyro-Festspiele

Auf dem Rasen lief der Gast Slovan von der ersten Minute hinterher, sodass die Führung durch Andraž Šporar nur folgerichtig war. Wenig später setzte die Szene der Heimseite in Sachen Tifo die nächste Duftmarke, die nicht nur für slowakische Verhältnis herausragend war.

Rauch in den Vereinsfarben und gelbe Fackeln passten perfekt in die langsam einsetzende Abenddämmerung. Im zweiten Durchgang wurden den zahlreichen Groundhoppern beim Slowakei-Klassiker noch Unmengen an Blinkern präsentiert. Auf Seiten der Gäste brannte hier und da ein kleines Feuer, doch der Sieg ging an diesem Tag auf allen Ebenen an Slovan.

Hitzige Schlussphase & Schlägerei auf dem Platz

Spartak durfte sich glücklich schätzen, dass die Partie sportlich bis zur letzten Sekunde offen blieb. Erst mit dem Abpfiff gelang dem Serben Dejan Dražić der Knockout. Da nach dem Treffer das runde Leder nicht sofort wieder von Trnavas Spielern hergegeben wurde, brannten manche Sicherungen durch.

Slovan Bratislava Fanblock
Slovan mit Unterstützung aus Brünn im Derby

Die wüste Keilerei direkt vor Slovans Fankurve ließ manch Fan auf den Rasen springen, um dem Erzrivalen nonverbal die Meinung zu geigen. In Deutschland wäre die Partie wohl bereits dreifach abgebrochen wurden, doch in der Slowakei ticken die Uhren anders.

Allgemein hat das Derby der Slowakei die Groundhopping-Erwartungen mehr als erfüllt. Leidenschaft und Kampf waren auf sowie neben dem Rasen über 95 Minuten vorhanden.

Wodka-Flasche beim Erstligisten FK Pohronie

Es war ein netter Kontrast zum Sommerkick am Vortag in Žiar nad Hronom zwischen Pohronie und Nitra mit Dorffußballcharakter. Fans schafften es dort sogar, eine übliche 0,7 Liter große Wodka-Flasche mit ins Stadion zu bekommen. Geldnot macht erfinderisch und die Herren torkelten – keinesfalls nüchtern erschienen – donnerhart aus dem Stadion. War ja auch erst 14:00 Uhr Anstoß. In mancherlei Hinsicht sind sich Tscheche und Slowake gar nicht so verschieden…

Bei der nächsten Fahrt in die Slowakei folgt hoffentlich endlich das legendäre Stadion mit der Dampflok zwischen Rasen und Tribüne!

Groundhopping in der Slowakei – Infos

  • Ticket-Kosten Super Liga: 3€ bis maximal 12€ für die Gegengerade
  • Vereine mit größeren Fanszenen: Slovan Bratislava, Spartak Trnava, Dunajska Streda
  • Ticketkauf am Stadion ist fast immer möglich. Grenzfall: Dunajska Streda vs. Slovan
  • Hauptanstoßzeit: Samstag um 17:00 Uhr
  • Groundhopping-Tipp Slowakei: Diverse U23-Teams spielen im Hauptstadion
  • Spiel-Ansetzungen lassen sich auf der slowakischen Verbandsseite finden

Slowakei: Stadion-Tipps in Liga 2 und tiefer

  • Slovan Bratislavas Reserve spielt noch im Štadión Pasienky (2. Liga)
  • Dukla Banská Bystrica im Štadión SNP Štiavničky (2. Liga)
  • FK Kosice im Štadión Lokomotívy v Čermeli (2. Liga)
  • Beim TJ Tatran Čierny Balog fährt die Dampflok durch das Stadion

Weitere Groundhopping-Berichte auf Globushopper gibt es beispielsweise von der Dominikanischen Republik oder natürlich dem Tag nach Corona in Tschechien.

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