Luxemburg Stadien Fola Esch
Groundhopping

Groundhopping in Luxemburg: Zu Gast beim aufmüpfigen Fußballzwerg

Volles Verständnis dafür, dass mein Klobasa-Nachbarland gefühlt in ganz Deutschland verehrt wird, doch die Faszination Groundhopping in Luxemburg ist wohl eher etwas für masochistisch veranlagte Menschen – oder doch nicht?

Nun, irgendwie passt die Einschätzung schon ein wenig, denn weder gibt es im Großherzogtum große Arenen noch namhafte Fanszenen. Zum Capo verkommt im Regelfall derjenige, welcher die höchste Promillezahl im Turm hat und Auswärtsblöcke gibt es im gesamten Land nicht wirklich.

Bleibt die Frage, warum man dann ausgerechnet in Luxemburg dem Hobby Groundhopping frönt, obwohl dort mit im Durchschnitt circa 10 Euro Ticketkosten pro Erstligaspiel auf kleinen Plätzen mit einseitigem Ausbau ähnlich viel verlangt wird, wie für den Stehplatz so manches Zweitligaschlagers im Heimatland.

Zugegeben, wer im Umkreis von Luxemburg wohnt, bei dem wird wohl die Komplettierungssucht irgendwann zuschlagen. 16 Erstligisten duellieren sich in ebenso vielen Stadien in der National Division. Zudem gibt es mit nur rund 170 Stadien, eigentlich sollte ich eher zum korrekteren Begriff „Sportplätzen“ wechseln, weniger als in manch deutscher Großstadt. Luxemburg komplett haben – ein wirklich lohnenswertes Ziel?

Luxemburg Stadion Panorama
Das Stadion des amtierenden Meisters Fola Esch

Vermutlich nicht und doch erzeugen die Idylle und Ruhe im Großherzogtum einen netten Ausgleich zum Alltag, sind doch die fußballerischen Darbietungen trotz der fehlenden Fans gar nicht einmal so schlecht, wie man das vermuten könnte. Beweisstücke dafür kennt wohl jeder Fußballenthusiast, denn Luxemburgs Vereine wurden schon für so manch bekannten Verein zum äußerst peinlichen Stolperstein.

Also nutze ich doch die Chance und erzähle euch manch Story über die Ecken, in denen das runde Leder in der Umklammerung von Deutschland, Frankreich und Belgien rollt. Mit dabei: das peinliche Aus des österreichischen Serienmeisters bei Dudelange, Groundhopping in Luxemburg während Corona von der deutschen Grenze aus beim Erstligisten Victoria Rosport und das Schicksal des gleichen Vereins während der steigenden Flusspegel im Jahre 2021.

Und dann wäre da ja noch der Erstligaclub, der es nicht einmal schafft, ein Mannschaftsfoto zu schießen.

National Division: Groundhopping-Infos für Luxemburg-Neulinge

Die National Division wurde zuletzt von 14 auf 16 Teams erweitert. Und teils sind doch bekannte Namen bei den Vereinen aktiv. Beispielsweise ist Jeff Strasser bei Jeunesse Esch Anhängern des runden Leders sicher ein Begriff.

Das größte Stadien der gesamten Liga besitzt Racing, die im Stade Achille Hammerel kicken, welches eine Kapazität von 5.814 Plätzen aufweist. Und da wurden manche Kapazitätsangaben bereits mit einer Menge Wohlwollen bestimmt. Die 2.500 Mann in Rosport hätte ich gern mal exemplarisch vor Ort gesehen.

Ticketpreise, Tageskasse & Corona-Alltag

Sorgen um ausverkaufte Spiele muss man sich der Groundhopper in Luxemburg dennoch nicht machen, denn kein einziger Verein begrüßt zu üblichen Ligaspielen im Schnitt mehr als 500 Augenpaare. Dafür sind die Ticketpreise mit circa 10 Euro aus deutscher Sicht recht saftig, wenngleich den passenden Schein Einheimische in einem der teuersten und auch reichsten Länder der Welt sorgenfrei aus der Portokasse ziehen.

Fola Esch Stadion
Für Luxemburg schon ein überdurchschnittlicher Ausbau…

Tickets gibt es stets an der Tageskasse, selbst in Zeiten der Pandemie wurde nirgendwo ein Online-Verkauf angeboten. Dafür ist voraussichtlich in der gesamten Saison 2021/22 die 3G-Regel verpflichtend. Wer sich Stress sparen möchte, sollte darauf achten, dass via EU-Zertifikat (QR-Code) der Nachweis erbracht wird. Maskennutzunh und sonstige aus Deutschland bekannte Dinge werden in Luxemburg auch dann nicht ernsthaft vorgeschrieben, sollte der Platz mal etwas enger werden.

Groundhopping in Luxemburg – alle Infos auf einem Blick

  • Tageskasse reicht bei quasi jedem Spiel
  • Durchschnittliche Ticketpreise um 10€ in der National Division
  • Stadien im Regelfall mit einseitigem Ausbau, Kapazitäten zwischen 2.000 und 6.000
  • Voraussichtlich die gesamte Saison 21/22 gilt 3G-Pflicht, Masken sind nicht notwendig
  • Europapokalspiele finden aufgrund fehlender Gästeblöcke / Sitzplätze oft im Josy-Barthel-Stadion statt

Hochwasser & Pandemie in Luxemburg: verrückte Geschichten rund um Victoria Rosport

Der Erstligist Victoria Rosport in der allseits bekannten Party-Rent-Arena direkt an der Sauer war im Kalenderjahr 2021 gleich für zwei ungewöhnliche Geschichten gut. Zunächst einmal gab es den Zeitraum, als Groundhopping in Luxemburg aufgrund des Zuschauerausschlusses nicht möglich schien. Vorübergehend ließen sich diverse Vereine noch von Hobbyfotographen um Akkreditierungen erweichen, bis auch Trick17 mit dem Hobby-Fotoblog immer weniger funktionierte.

„Besondere Zeiten erfordern besondere Regeln“, dachte sich da ein junger Herr aus dem erzgebirgischen Affalter, der samt verschiedener Reisegruppen in ganz Deutschland Kicks besuchte, bei denen er nur als Zaungast hinter den Gitterstäben dem runden Leder nachsah.

Was in Würzburg beim Damenfußball sogar eine kleine Präsenttüte einbrachte, wurde knapp 600 Kilometer von der Heimat entfernt anderweitig belohnt. Da es am deutschen Rand der Sauer gut den Berg hinauf geht, war der Blick auf das Spielfeld des Erstligisten perfekt einsehbar.

Ob man diesen Ground nun aber von Deutschland aus tatsächlich mit dem ominösen Kreuzchen versehen kann, sollte hingegen mit der Groundhopping-Polizei abgesprochen werden. Ich habe da so meine Zweifel…

Die Sauer steigt…

Nur wenige Monate später steht Victoria Rosport erneut im Blickfeld. Dieses Mal in trauriger Hinsicht, denn das Hochwasser in Rheinland-Pfalz machte logischerweise vor der Landesgrenze nicht Halt, sodass die Sauer sich langsam aber sicher über dem Spielfeld ausbreitete. Die via Social Media verbreiteten Bilder waren ein Schock und so überraschte es durchaus, dass ich nur circa vier Wochen später beim ersten Saisonheimspiel der Victoria vor Ort bereits wieder ein vernünftiges Geläuf zu sehen bekam.

Die Sauer überflutete das Stadion ©FC Victoria Rosport Facebook am 15.07.2021

Allein der sportliche Erfolg blieb beim 0:3 gegen Differdange 03 aus. Victoria Rosport sollte es unter normalen Umständen aber dennoch schaffen, den Klassenerhalt in der National Division zu realisieren. Meine Daumen sind gedrückt, ist doch ein weiterer von Zuschauerausschlüssen geprägter Winter keineswegs auszuschließen.

Luxemburg Groundhopping in Rosport
Groudhopping in Rosport: 3G, aber ohne sonstige Regeln

Die unterschiedliche Professionalität des Fußballs in Luxemburg

Wie professionell ist sie denn nun, die höchste Liga im Land der Banker? Eine detaillierte Einschätzung fällt natürlich schwer, auch wenn es schon abenteuerlich ist, dass gestandene Kaderbestandteile früherer Jahre später urplötzlich in der Regionalliga in Deutschland herumkrebsen.

Die sportlichen Darbietungen im Direktvergleich mit anderen Nationen liefern hingegen ein anderes Bild:

Favoritenschreck Dudelange & Progres Niedercorn: dicke Scham bei RB Salzburg und den Rangers

Niemand, nein wirklich niemand hat wohl vergessen, wie RB Salzburg im Jahr 2012 bereits in der 2. Qualifikationsrunde auf dem Weg nach Europa eine der peinlichsten Schlappen der Vereins- äh Konzernhistorie hinnehmen musste. Nach einem 1:0-Hinspielerfolg sicherte sich F91 Dudelange dank der damals noch existierenden Auswärtstorregelung das Weiterkommen und stieß ganz Österreich je nach Haltung zur Brausetruppe in Scham oder Jubelstimmung.

Und Fuschl am See ist mit dieser Peinlichkeit nicht allein, denn einige Jahre später gab es einen weiteren dicken Patzer des Erzrivalen von Celtic – beziehungsweise den grenzenlosen Sensationserfolg von Progres Niederkorn. Die Schwarz-Gelben sind selbst in Luxemburg keiner der ganz großen Namen, waren zuvor nur dreifach Meister und unterlagen in gefühlt jeder internationalen Partie. So auch bei den Rangers vor jenseits von 48.000 Zuschauern mit 0:1.

Das Rückspiel im alten Luxemburger Nationalstadion fand vor 5.500 Fans statt, wovon die Mehrheit aus Glasgow anreiste. Dies hinderte den Außenseiter aber nicht daran, mit einem 2:0-Heimerfolg die Schamesröte des Rivalen in ungeahnte Dimensionen zu treiben. Die Schande im Josy-Barthel-Stadion der Rangers nach sechs Jahren ohne Europapokal würden die Schotten gern aus der Vereinschronik streichen.

Hamm Benfica und das fehlende Mannschaftsfoto

Auf der einen Seite wirkt der luxemburgische Fußball also durchaus konkurrenzfähig, doch gibt es auch die Gegenseite der Medaille. Ein nettes Beispiel liefert der Hauptstadtclub, der unter anderem das irreführende „Benfica“ im Vereinsnamen stehen hat.

Die Männer galten bereits vor der Saison 2021/22 als klarer Abstiegskandidat in Liga 1, denn Hamm Benfica hat es bis eine Woche vor dem Saisonstart weder geschafft einen Kader mit mehr als 9 Feldspielern zusammenzustellen, noch einen Termin für das Mannschaftsfoto festzulegen.

Hamm Benfica Mannschaftsfoto
Hamm Benfica schaffte nicht einmal ein Mannschaftsfoto für die Sonderausgabe

Und so muss man beim Groundhopping in Luxemburg schon gewaltig schmunzeln, wenn im großen „Ustouss“-Magazin des Tageblatts mit 56 Seiten fast ohne Werbung ausschließlich zur National Division bei Hamm geschrieben steht: „RM Hamm Benfica war bis Redaktionsschluss nicht in der Lage, einen vollständigen Kader / einen Termin für ein Mannschaftsfoto zu finden.“ Willkommen in Luxemburg!

Altes und neues Nationalstadion: Luxemburgs Fußball im Wandel hin zur Moderne

Die Mehrheit der Fußballstadien in Luxemburg besitzen nur Ausbau auf einer Längsseite. Entsprechend sind moderne Arenen im Zwergstaat nicht zu finden – oder doch? Das größte Stadion und alte Nationalstadion (Josy-Barthel-Stadion, 8.125er Kapazität) wurde bereits 1931 fertiggestellt und wird nun durch einen Neubau abgelöst.

Die Neueröffnung des Stade de Luxembourg war lange für den 1. März 2021 im Heimspiel gegen Portugal geplant, musste aber in den September 2021 verschoben werden. 9.385 Zuschauer finden in der größten und modernsten Arena des Landes Platz, deren Name übrigens im ach so beschaulichen Land heiß diskutiert wurde.

Kritik äußerten die Einwohner mit einer gestarteten Petition, die sich gleichermaßen der geringen Kreativität und der verwendeten französischen Sprache widmete. Auch das ist Luxemburg.

Luxemburg altes Nationalstadion
Das alte Nationalstadion Luxemburgs wurde im September 2021 abgelöst

Ein letzter Blick geht in den Südwesten nach Esch, wo mit Jeunesse und CS Fola zwei Rivalen jährlich mehrfach in der gar nicht so hauptstadtlastigen Liga aufeinandertreffen. Sportlich sind die Fronten klar verteilt, denn nach 2015 wurde Fola jüngst wieder einmal Meister.

Bereits in der abgebrochenen Spielzeit davor hatten die Rot-Weißen die Tabellenspitze inne. Die Verteidigung der Meisterschaft unweit der französischen Grenze in dem schönen Stadion mit Waldpanorama wird eine herausfordernde Aufgabe sein, doch international hat Fola erneut die Konkurrenzfähigkeit des Luxemburger Fußballs unter Beweis gestellt, auch wenn Almaty in den Playoffs eine Spur zu groß war.

Fola Esch Meister Stadion Luxemburg
Das Stadion des Champions an der französischen Grenze

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